Der digitale Zwilling

Marilyns Trendradar

Die Kund:innen wollen die Produkte naturgetreu erleben. Technologisch wird das über den digitalen Zwilling möglich. ©pixabay

Autorin: Marilyn Repp
Hören Sie das? Jetzt kommt Zukunftsmusik. Stellen Sie sich vor, Ihr gesamter Kleiderschrank ist digital abgebildet. Im Onlineshop werden Ihnen Schnitte und Farben präsentiert, die auf Sie abgestimmt sind. Eine künstliche Intelligenz schlägt Ihnen die besten Outfits vor und gekauft wird nur, was wirklich auch zum Rest im Schrank, zu Ihrem Stil und Ihrem Geldbeutel passt. Mithilfe einer Virtual-Reality-Brille können Sie sich einen naturgetreuen Eindruck verschaffen – eine exakte Kopie Ihres Körpers übernimmt die Anprobe und Sie sehen sich die Passform in Ruhe an.

WERBUNG

Retourenquote senken

Die Retourenquote – ein konstantes Ärgernis im Fashion E-Commerce. Von den zurückgesendeten Waren wird ein hoher Prozentsatz deshalb retourniert, weil der Artikel anders ist, als die Kundschaft sich ihn vorgestellt hat. Kundenzufriedenheit sieht anders aus und auch Kundenbindung. Fotorealistische Darstellungen von komplexen Passformen, Faltenwürfen und Materialien können an der Stelle einen großen Effekt haben. Je naturgetreuer der Artikel dargestellt ist, desto besser für den Shop.

Im Jahr 2023 haben viele Hersteller – unter anderem Meta und Sony – den Launch neuer VR-Brillen angekündigt. Mit der Verbreitung dieser Technologien im Markt werden sich Jahr für Jahr auch die Erwartungen der Kund:innen verändern. Sprich: Wenn ich aus dem Gaming oder auch von meiner Arbeitsumgebung 3D gewohnt bin, werde ich das auch irgendwann von meiner Shopping-Experience erwarten. Die Kund:innen wollen die Produkte naturgetreu erleben. Technologisch wird das über den digitalen Zwilling möglich.

Der digitale Zwilling – Was ist das?

Digitale Zwillinge sind digitale Modelle von physischen Objekten. In der produzierenden Industrie ist dieses Tool schon länger verbreitet. Es hilft zum Beispiel dabei, Produktionsprozesse zu simulieren und Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, wie auch dabei, die Produktion in Echtzeit zu optimieren. Auch der Handel entdeckt langsam den digitalen Zwilling. IKEA etwa nutzt schon lange eine Augmented-Reality-Anwendung, mit der sich Kund:innen die Möbel über das Smartphone im eigenen Zuhause ansehen können.

Digital Fashion auf dem Vormarsch

Mit dem Hype um das Metaverse wird auch die Diskussion um digitale Mode immer präsenter. Im Gaming-Bereich kennt man das schon lange: Die eigene Spielerfigur wird individuell ausgestattet und eingekleidet – immer häufiger auch verbunden mit echten Budgets. Die Kids sprechen hier aber nicht von digitaler Mode, sondern von „Skins“. Große Luxusmarken wie Burberry, Louis Vuitton oder Moschino haben dieses Marktpotenzial längst entdeckt und statten gegen echte Geldbeträge die Avatare mit exklusiver Kleidung und Accessoires aus. Das Marktforschungsunternehmen Allied Market Research prognostiziert dem Digital-Fashion-Bereich ein großes Wachstum: Waren es 2021 knapp 500 Millionen US-Dollar Umsatz, so sollen es 2031 schon 4,8 Milliarden US-Dollar sein.

WERBUNG

In Zukunft sind also mehrere Optionen vorstellbar: Die Kund:innen können ihre Kleidung digital kaufen und sie ihrem Avatar anziehen, sie können beide Versionen kaufen oder eine rein physische Form bestellen. Digitale Zwillinge werden die digitale und die echte Realität noch weiter zusammenrücken lassen – ein Trend, den man überall beobachten kann und der auch für die Modeindustrie und den Handel immer relevanter wird.

Marilyn Repp ©HDE

Zur Person

Raus aus der Komfortzone, rein in die Zukunft! Das ist Marilyn Repps Botschaft an mittelständische Unternehmen. Beim Handelsverband Deutschland ist sie stellvertretende Geschäftsführerin vom Mittelstand-Digital Zentrum Handel und unterstützt dort den Handel bei der digitalen Transformation. In ihrem Podcast „Zukunft des Einkaufens“ scannt sie die neuesten Trends und Innovationen der Branche. Marilyn Repp ist außerdem eine gefragte Speakerin und Autorin rund um das Thema Metaverse und Web3 im Handel.