Türkei: Missachtung von Arbeitnehmerrechten

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Clean Clothes Campaign

Nach dem Erdbeben in der Türkei im Februar 2023 missachten Fabriken und Marken die Arbeitnehmerrechte, beklagt die Organisation Clean Clothes Campaign. Interviews mit mehr als 100 Arbeitern zeigten, dass Bekleidungsfabriken und ihre Abnehmer ihre Arbeiter nach dem verheerenden Erdbeben, das das Land erschütterte, sich selbst überließen. Da die meisten von ihnen nach dem Erdbeben nicht den vollen Lohn erhielten, hätten die Arbeiter in die Fabriken zurückkehren müssen bevor die diese baulichen Sicherheitsinspektionen unterzogen worden seien.

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Der Bericht basiert auf einer Umfrage unter 130 Arbeitnehmern aus den vom Erdbeben betroffenen Städten Gaziantep, Kahramanmaraş, Malatya und Adıyaman, die zwischen August und September 2023 durchgeführt wurde. Er bestätige die Ergebnisse einer früheren Umfrage unter Arbeitgebern in der Bekleidungs- und Textilbranche von der Middle Eastern Technical University in Istanbul im August. Der neue Bericht knüpft an den Appell der Clean Clothes Campaign vom März 2023 als Teil der Pay Your Workers-Koalition an und fordert Marken, die in der Türkei einkaufen, dazu auf, sicherzustellen, dass die Arbeiter in ihren Lieferketten geschützt sind und ihre Rechte respektiert werden.

Der Bericht beschreibt die widrigen Arbeitsbedingungen wie unsichere Arbeitsplätze, niedrige Löhne und routinemäßige verbale Belästigungen. Während einige dieser Probleme bereits vor dem Erdbeben vorherrschten, wurden ihre Auswirkungen durch die Naturkatastrophe noch verstärkt. Die Fabriken hätten der Notwendigkeit, Bestellungen für ihre internationalen Käufer abzuschließen, Vorrang vor dem Wohlergehen ihrer Arbeiter gegeben. Über 50 Prozent der Arbeiter gaben an, dass keine Sicherheitsinspektion der Fabrikgebäude stattfand. Dabei führten finanzielle Schwierigkeiten aufgrund einer Lohnkürzung oder -einstellung (35 Prozent der befragten Arbeitnehmer erhielten überhaupt keinen Lohn) dazu, dass die Arbeitnehmer in die Fabriken zurückkehrten. Fabrikmanager drohten mit Entlassungen oder enthielten Arbeitern Hilfe vor, falls sie nicht zurückkehrten. Arbeiter, die nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnten, hätten oft ihren Anspruch auf eine teilweise über Jahre angesammelte Endvergütung verloren, weil das Management in den Fabriken sie als „zurückgetreten“ betrachteten.

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Bego Demir von Clean Clothes Campaign Turkey und einer der Autoren des Berichts sagt, „das Erdbeben im Februar 2023 zeigt deutlich, dass das Wohlergehen der Arbeitnehmer nicht durch bestehende globale Vereinbarungen und Kompromisse geschützt wird“. Es bedürfe vielmehr neuer Vereinbarungen und Lösungen speziell für Krisen wie etwa ein Erdbeben. Die Vereinbarung „Pay Your Workers“ stelle eine solche Option dar.