Wie chinesische Fast Fashion zum Problem für die Luftfracht wird

Temu und SHEIN

Screenshot ©m.shein.com/de/men

Autor: Andreas Grüter
Das chinesische Fast-Fashion-Tandem Temu und SHEIN legt rasante Wachstumszahlen vor. Das bringt nicht nur Bekleidungsunternehmen und den hiesigen Modeeinzelhandel in Bedrängnis, sondern hat längst auch massive Auswirkungen auf den weltweiten Lufttransport.

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Unter fragwürdigen Bedingungen produzierte Billigware ist ihr Geschäft. Dafür hagelt es bereits seit Jahren Kritik von Umwelt- und Verbraucherschützern sowie Arbeitsrechtlern. Jetzt melden sich verstärkt auch Logistikexperten zu Wort, die SHEIN und Temu für Engpässe und explodierende Frachtraten im weltweiten Lufttransport verantwortlich machen. Aus gutem Grund: Laut einem Bericht des US-Kongresses vom Juni 2023 erreichten zum damaligen Zeitpunkt täglich rund 600.000 Pakete von SHEIN und Temu amerikanische Besteller. In Deutschland wird das Aufkommen auf etwa 400.000 geschätzt. Daten aus der Branche belegen, dass die beiden Versandriesen jeweils 4.000 bis 5.000 Tonnen Ware täglich ausfliegen. Das entspricht in etwa dem Landevolumen von 100 Boeing-777-Frachtflugzeugen. Zum Vergleich: Bisherige Spitzenreiter wie der Techkonzern Apple kommen auf maximal auf 1.000 Tonnen täglich.

Keine Logistikzentren, keine Lagerhäuser, keine Zwischenhändler

Sowohl SHEIN als auch Temu liefern aktuell von China aus direkt vor die Haustüren ihrer internationalen Kundschaft. Dabei scheint man sich mit Umwegen über Drittländer wie Vietnam nicht nur fragwürdiger Methoden zur Umgehung von Ein- und Ausfuhrvorschriften zu bedienen. Auch auf Zwischenhändler, Logistikzentren und Lagerhäuser wird derzeit weitestgehend verzichtet. Auf Anfrage von Reuters erklärte Temu kürzlich, man suche in den USA und Europa nach Zwischenhändlern, um Lieferzeiten und Transportwege zu verkürzen. SHEIN ist hier bereits einen kleinen Schritt weiter und hat damit begonnen, Lagerhäuser in den USA einzusetzen. Ein Abflauen des Frachtaufkommens von Waren aus China ist Logistikern zufolge dennoch erst einmal nicht zu erwarten. Es bestehe dadurch die Gefahr, dass bestehende Kunden verdrängt werden und um Frachtplätze kämpfen müssen.

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Chinesische Produktschwemme auch in anderen Industriezweigen

China flutet aber die Märkte nicht nur mit Bekleidung. Um die massiven Überkapazitäten der vergangenen Jahre in Schlüsselindustrien abzubauen, werden Produkte wie Elektroautos, Batterien und Solarmodule weit unter Weltmarktpreisen verkauft, was Produzenten in anderen Ländern massiv unter Druck setzt. US-Finanzministerin Janet Yellen kritisierte dieses Vorgehen Anfang des Monats scharf. Ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Finanzministeriums sagte, Konsequenzen könnten Handelsbeschränkungen anderer Staaten sein.