Über Kunst und Mode

EDITORIAL

Markus Oess

Kunst und Mode sind Begriffe, die eng miteinander verwoben sind, besonders seitdem sich die Gesellschaft von ihren starren, verstaubten Konventionen befreit und eine offene sowie vielfältige Haltung angenommen hat. Ähnlich wie in der Kunst haben sich auch die Akteure in der Mode von früheren Stilrichtungen und Epochen inspirieren lassen. Ich kann nicht genau den Zeitpunkt definieren, der diese Wende markiert, aber es war wahrscheinlich nicht ein einzelnes Ereignis, sondern viele – und die Gegenbewegung schlug in jeder Hinsicht immer wieder zurück, sei es im politischen System, in der Gesellschaft oder in Kunst und Mode. So führte beispielsweise der Drang zur künstlerischen Revolution im Berlin der 1920er-Jahre zu einem neuen, freien Lebensentwurf, der den Mief der zurückliegenden Jahrzehnte und den Ersten Weltkrieg hinter sich lassen wollte. Damals sprengten die Kunstschaffenden in Literatur und bildender Kunst die traditionellen Formen und fanden neue Wege der Darstellung. Ebenso wurde die Mode offen, freizügig definiert und neu erfunden. Wie tragisch diese Jahre endeten, wissen wir.

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Heute stellt die KI für viele Menschen eine ungewisse, unsichere Zukunft dar, die große Missbrauchsgefahren birgt. Andere betrachten sie lediglich als weiteres Werkzeug des Menschen und am Ende der Entscheidungskette steht immer der Mensch als Ultima Ratio. In unseren schnelllebigen Zeiten ist Aufmerksamkeit ein begehrtes Gut. Einige versuchen, sie mit KI zu erkaufen. Ob es gelingt? Wir haben ein Experiment gestartet und werden in den nächsten Monaten redaktionell von KI begleitet. Wir haben ChatGPT gebeten, uns einen Artikel über die Verbindung von Mode und Kunst in den letzten 50 Jahren in Deutschland zu schreiben. Herausgekommen sind Thesen zu den vergangenen Jahrzehnten, die wir Sabine Resch, Professorin für Modejournalismus mit Schwerpunkt Modeanalyse und Storytelling an der AMD München, mit der Bitte um Überprüfung und Kommentierung vorgelegt haben. Mein Urteil: lesenswert. Wir haben auch den indischen Designer Dhruv Kapoor gefragt, wie er Kunst und Mode sieht und ob wir es uns überhaupt erlauben dürfen, zwischen Kunst und Kommerz eine so klare Grenze zu ziehen. Er verneint. Es sind der Gedanke und die Idee, die zählen. Dr. Antonella Giannone, Professorin für Modegeschichte, -theorie und Bekleidungssoziologie, sagt, dass Mode viele Sprachen spricht und dass sich Mode und Kunst gegenseitig befruchten können, sowohl kreativ als auch ökonomisch. Seit 2017 verbindet Lina Miccio mit ihrem Label Speaking Garments Mode und Kunst gleichermaßen. Wir haben uns mit der Kölnerin über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Disziplinen unterhalten.

Zum Saisonauftakt und dem Start der Pitti haben wir mit Wolfgang Müller (TOM RIPLEY) und Marco Lanowy (ALBERTO) über den aktuellen Markt, die Mode und ihre Erwartungen an die kommenden Monate für ihre Labels gesprochen. Wir waren in Paris auf einem Store-Check für Sie und haben Ingo Wilts auf ein Kaltgetränk getroffen. Außerdem haben wir mit Michael Röther vom MODEPARK RÖTHER über Marken, Markt und Rückwärtsintegration gesprochen und warum die Branche im Grunde einfach ist. Chancen, sagt er, sind vorhanden und müssen eben genutzt werden.

Ihr

Markus Oess