SCHÖNER S(CH)EIN

Editorial

Markus Oess ©FT

Wenn Männer sagen, es sei ihnen egal, ob sie gut aussehen, wissen sie trotzdem genau, ob dem so ist oder nicht. Im ersten Fall spielt es keine Rolle und im zweiten Fall auch nicht. Aber Kleidung kann zumindest auf den ersten Blick helfen. Auch Bodyshaping und selbst chirurgische Korrekturen sind inzwischen kein Tabubruch mehr, je nachdem, was das eigene Bankkonto so hergibt. Nur, wen juckt es eigentlich? Feingeister mögen die Nase rümpfen. Was soll’s? Welchem Lebensstil ein Mensch folgt, ist seine Sache, selbst dann, wenn es um den Copy-and-Paste-Individualismus geht, der so wunderbar über die sozialen Medien verbreitet wird. Andererseits? „Separates the men from the boys“ wirbt Baldessarini für seinen Duft. Ein Werbespruch zwar, aber einer, der auch hinsichtlich des Lebensstils und der Konstanz der eigenen Überzeugungen und Werte gelten könnte. Schein oder Sein?

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An ihren Werten halten auch die Aachener Hippie-Mama Karin van den Akker und ihre langjährige Mitarbeiterin Esther Huckebrink fest. Trotzdem sind nicht stehen geblieben wie die Altvorderen einer vergessenen Generation. Im Gegenteil, sie nehmen aktiv am Geschehen teil und fühlen sich pudelwohl in ihrer Nische – mit dem nötigen Zeitgeistgespür, wie sie sagen. Seinen Platz gefunden hat auch der Jades Store, der mit dem Kürzel „Men“ den gewissen Unterschied markiert. Ganz ähnlich wie der herrenaustatter.de. Die Firmengründerin Renata DePauli weist im FT-Interview auf einen entscheidenden Faktor hin, der ihren Online-Shop einzigartig macht: Sie gehe anders als die Konkurrenz von einem modisch mündigen Kunden aus. Sein und nicht Schein!

Sein Leben einer einzigen Sache zu widmen ist nicht jedermanns Ding. Aber eine konsequente Entscheidung für einen bestimmten Lebensstil ist es allemal, sich komplett der Religion zu verschreiben. Nur, was muss man eigentlich bei der Herstellung von liturgischer Kleidung für Kapläne, Priester, Bischöfe und Kardinäle beachten? Wir haben nachgefragt. Lifestyle beanspruchen die Macher der Pitti Uomo für die Veranstaltung. Inzwischen schreiten die Florentiner unaufhaltsam auf die 100. Ausgabe zu. Zunächst aber muss die #97 gestemmt werden, und die Messemacher haben Neuigkeiten zu berichten. Erstmals in der Unternehmensgeschichte soll eine andere Firma übernommen werden. Und der augenblickliche Erfolg der Messe zeigt, dass auch Plattformen sich nicht zwangsläufig überleben müssen und so gesehen ihren eigenen (Über-)Lebensstil pflegen.

Und wenn wir schon über Lifestyle reden, muss fast zwangsläufig über Musik gesprochen werden. Diesmal kommen unsere Musiktipps aus der Schweiz, Denver und Cincinnati beziehungsweise Vermont. Hier treffen Musiker aufeinander, deren Lifestyles unterschiedlich sind, die aber neben der Musik eines gemeinsam haben: die Überzeugung zu sein und nicht zu scheinen.

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Ihr Markus Oess